„Für den Erhalt dieser so wichtigen Einrichtung kämpfen“
Von Daniel Klier | Viernheimer Tageblatt
Viernheim – Schwangeren Frauen in Konfliktsituationen zur Seite stehen, sie begleiten und beraten: Das ist das Hauptanliegen des Haus des Lebens, welches keineswegs mehr wegzudenken ist. Und doch steht eine gravierende Änderung bevor, denn die beiden Schwestern Silvia und Mathilde verlassen Viernheim zum 30. März 2020 (wir berichteten). Bei der Mitgliederversammlung des Fördervereins Haus des Lebens e.V. konnte die zentrale Frage, wie es weiter geht, noch nicht beantwortet werden, denn in der kommenden Woche erfolgt ein Gespräch aller beteiligter Träger. „Wir werden in jedem Fall für den Erhalt dieser so wichtigen Einrichtung kämpfen“, sagte Vereinsvorsitzende Eleonore Dewald und auch die vielen anwesenden Mitglieder machten deutlich, welch Engagement das Haus des Lebens Jahr für Jahr leistet. Insbesondere die Bedürftigen sind auf deren Unterstützung angewiesen. Darüber hinaus erfolgte noch die Wahl einer neuen 2. Vorsitzenden und eines Kassenwarts.
Mittlerweile ist es zur Tradition geworden, die Mitgliederversammlung in der Vesperstube des Katholischen Sozialzentrums mit einem von Schwester Silvia vorbereiteten Impuls zu beginnen. Dieses Mal suchte sie sich den Text „Die Sanduhr des Lebens“, verbunden mit einem Gebet, aus. Nach der Feststellung der ordnungsgemäßen Einladung und der Annahme der geplanten Tagesordnung, lieferte Vorsitzende Eleonore Dewald in ihrem Bericht zunächst einen Rückblick: „Ein mit vielen Veränderungen geprägtes Jahr liegt hinter uns. Bei der letzten Mitgliederversammlung am 6. September 2018 war Pfarrer Angelo Stipinovich noch anwesend. Wenig später wurde bekannt gegeben, dass er Viernheim nach 20 Jahren verlassen werde, um neue wichtige Aufgaben in Namibia wahrzunehmen. Pfarrer Stipinovich hat es möglich gemacht, dass wir ein Haus des Lebens in Viernheim haben. Er hat mit viel Engagement und Herzblut dieses Projekt über die Jahre begleitet. Sein Weggang ist für uns alle ein schmerzlicher Verlust!“. Ein voller Erfolg war wieder die Teilnahme beim „Lichterzauber“ im Pfarrgarten St. Michael. Den lebenden und verstorbenen Mitgliedern des Fördervereins wurde bei einem Gottesdienst gedacht.
Schwestern verlassen Viernheim
Zu den Aktionen in diesem Jahr zählten bereits die Unterstützung von Schulanfängern mit der Ausgabe von Ranzen, Mäppchen und Schreibutensilien, das Kinderfest in Kooperation mit dem Vogelpark Viernheim und dem Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald sowie ein beeindruckender Opernabend im Nationaltheater Mannheim, an dem eine Gruppe von 18 Interessierten teilnahm. „Wie der Blitz eingeschlagen“, so Dewald, ist die Hiobsbotschaft der Kündigung des Gestellungsvertrags aus gesundheitlichen und Altersgründen, im Zuge dessen die beiden Schwestern Silvia Gossens und Mathilde Holstegge Viernheim Ende März 2020 leider verlassen. „Es werden zeitnah Gespräche mit dem Vorstand des Vereins Haus des Lebens und dem Förderverein geführt. Darüber hinaus werden wir die Mitglieder über weitere Schritte und Entscheidungen informieren“, betonte die 1. Vorsitzende. An dem am jetzigen Dienstag stattfindenden Gespräch soll auch Bürgermeister Matthias Baaß teilnehmen. Doch schon jetzt waren sich alle Anwesenden einig, dass das Haus des Lebens auf alle Fälle eine Fortführung finden muss.
Aktuell gehören dem Förderverein Haus des Lebens 178 Mitglieder an. Durch Tod und Austritte ging diese Zahl leicht zurück. „Ich wünsche mir, dass sich der Mitgliederstand nicht noch mehr verringert“, sagte Eleonore Dewald und rief zu einer aktiven Mitarbeit im Verein auf. Ein Dankeschön galt allen kleinen und großen Spendern, allen ehrenamtlichen Mitarbeitern, die sich im Haus des Lebens engagieren, und natürlich den beiden Schwestern Silvia und Mathilde. „Ohne Euch wäre es nicht möglich gewesen, den unzähligen Frauen zu helfen, ihre Kinder auf die Welt zu bringen, sie in schwierigen Situationen zu begleiten und zu unterstützen“, sagte Dewald und überreichte ein Präsent als Anerkennung für diese besonderen Fähigkeiten und Leistungen. Aus finanzieller Sicht sieht sich der Förderverein ebenfalls gut aufgestellt und für die Zukunft gerüstet. Reine Formsache war die im Anschluss erfolgte Vorstandsentlastung. Dies geschah einstimmig.
Unterstützung dankbar angenommen
In den Vorstand neu gewählt wurden an dem Abend Carmen Tomaszewski als 2. Vorsitzende und das Amt des Kassenwartes hält ab sofort Bernhard Trieb inne. Für das Haus des Lebens blickte Schwester Silvia auf das letzte Jahr zurück. Alleine in 2018 begleitete das Team 217 schwangere Frauen, die sich in Konfliktsituationen befanden. Hinzu kamen 305 allgemeine Beratungstermine. „Ein Problem ist die Wohnungsnot. Meist leben die Frauen auf kleinstem Raum und das ist vor allem für die Kinder nicht gut. Zudem stellen wir fest, dass die Gewalt gegen Frauen stetig zunimmt“, schilderte sie die negativen Seiten. Fast 200 Erstlingsausstattungen wurden ausgegeben und die Mütter mit weiteren Materialien wie Windeln, Babynahrung und Kinderwagen versorgt. Besonders erfreulich war der Anlass, als alleinerziehende Mütter kleine Puppen nähten. Die Gruppe sagte, dass damit Frauen, die in einer schwierigen Situation sind, besondere Zuwendung geben werden soll. Insbesondere Kinder entwickeln durch Spielsachen wie diese Vertrauen, wie schon einige Fälle des Haus des Lebens zeigten. Nicht unerwähnt ließ Silvia Gossens die Einsatzbereitschaft in der Kinderkleiderkammer „Jacke wie Hose“ im Katholischen Sozialzentrum.
Seinen Betrieb nahm das Haus des Lebens mit der Einweihung am 5. Dezember 2001 auf. Geleitet wird das Haus seitdem von den beiden Schwestern Silvia Gossens und Mathilde Holstegge, wofür der Orden der Barmherzigen Schwestern (Clemensschwestern) e.V. einen Gestellungsvertrag mit dem Bistum Mainz abschloss. Dieser wird nun zum 31. März 2020 aus gesundheitlichen und Altersgründen gekündigt. Ab diesem Zeitpunkt nehmen die Frauen eine andere, vom Orden festgelegte Aufgabe in räumlicher Nähe zum Mutterhaus in Münster wahr. „Das wird dann keine Vollzeitstelle mehr sein, sondern nur noch eine halbe Stelle. Wir können so viel sagen, dass wir in die Benediktinerabtei Gerleve nahe Coesfeld gehen. Unter anderem arbeiten wir mit den Menschen zusammen und begleiten sie“, führte Schwester Silvia aus und machte deutlich, dass die Entscheidung zum einen ein Vorteil ist, auch aus dem Grund, weil ihre Eltern in Nordrhein-Westfalen leben. „Außerdem ist es vom Alter in Ordnung und jünger werden wie nicht. Trotzdem fällt es uns schwer, weil wir hier stark verwurzelt sind“. Eine würdige Abschiedsfeier findet zu gegebener Zeit selbstverständlich statt. Somit wird das Wirken der beiden Schwestern gewürdigt.
Gespräch zur aktuellen Lage abwarten
Von hohem Interesse war eine Diskussion bei der Mitgliederversammlung, denn die anwesenden Mitglieder waren sich einig, dass das Haus des Lebens unbedingt fortgeführt werden muss. „Vor allem im Sinne der bedürftigen Frauen. Das ist sehr wichtig“, lauteten die Stimmen. Ein Vorschlag eines Mitgliedes war es, in einem Schreiben an die Verantwortlichen zu signalisieren, welche Bedeutung diese Institution für die Stadt hat. „Sicherlich wird bei dem am Dienstag vorgesehenen Gespräch eine Tendenz zu erkennen sein. Sollten sich negative Entwicklungen ergeben, können wir dann immer noch etwas machen. Aber jetzt sind das eben nur Spekulationen“, sagte Schriftführerin Waltraud Bugert. Denn eines ist auch klar: Das Haus des Lebens und der Förderverein muss in der Zukunft erhalten bleiben. Letztendlich wurde dem Antrag der Mitgliederversammlung zugestimmt, falls aus dem Gespräch negative Ergebnisse herauskommen, einen Brief an die verantwortlichen Träger zu verfassen. Jetzt sei es allerdings wichtig, Ruhe zu bewahren und sich noch zu gedulden. „Uns allen liegt es am Herzen, die wertvolle Arbeit zu Gunsten der vielen Frauen zu erhalten“, so 1. Vorsitzende Eleonore Dewald. Am 13. Dezember wird ein Ausflug nach Baden-Baden zum Weihnachtsmarkt stattfinden. Freiwillig ist die Teilnahme an einer einhalbstündigen Stadtführung. Die nächste Mitgliederversammlung mit den Neuwahlen wird im 1. Quartal des neuen Jahres sein.